«A Monsieur de Wessenberg, dont j’éstime le caractère»

Ignaz Heinrich von Wessenberg und Hortense de Beauharnais,

Schloss Arenenberg, die Insel Reichenau und Konstanz
Eine bedeutende Freundschaft wird wiederentdeckt

Nach einem fast 170 Jahre dauernden „Dornröschenschlaf“ ist Schloss Arenenberg, zwischen 1817 und 1838 Exilsitz der kaiserlich französischen Familie und als solches europäisches Zentrum des Bonapartismus, zu neuem Leben erwacht. Konzerte, Lesungen und vor allem wissenschaftliche Arbeiten wecken Erinnerungen an die Zeit des Biedermeiers, in der „das schönste Schloss am Bodensee“ im Mittelpunkt des politischen und gesellschaftlichen Interesses stand. Mit dieser Renaissance wurde auch eine Freundschaft wiederentdeckt, die starke Auswirkungen auf die Lebenswelt des 19. Jahrhunderts im süddeutschen Sprachraum und darüber hinaus hatte:

Ignaz Heinrich von Wessenberg, Generalvikar und designierter Oberhirte des 1821 zerstörten Bistums Konstanz und Hortense de Beauharnais, Exkönigin von Holland, Stieftochter bzw. Schwägerin Napoleons I. sowie – nicht zu vergessen – Mutter Napoleons III. Beide Persönlichkeiten standen sich nicht nur gesellschaftlich sondern vor allem auch literarisch, politisch und wissenschaftlich nahe. So gründeten sie z.B. die „Société littéraire française de Constance“, einen Lesezirkel, in dem bedeutende Werke der französischen Literaturgeschichte aber auch für damalige Verhältnisse zeitgenössische Publikationen gelesen und anschliessend diskutiert wurden. Nach dem Vorbild der großen Salons von Paris, Rom, Wien oder Berlin sammelten der Freiherr und „seine Königin“ einen illustren Kreis von Politikern, Wissenschaftlern, bildenden Künstlern und Literaten an ihren Höfen, deren Mittelpunkte das Wessenberg’sche Palais in Konstanz und Schloss Arenenberg am Untersee waren.

Dies alles wieder zu beleben und zu erforschen hat sich die junge Leitung des Napoleonmuseums zu Ziel gesetzt. Bis in einigen Jahren soll Schloss Arenenberg zu einem kleinen Institut für die „Präsentation, Konservierung und Erforschung“ der napoleonischen Geschichte des deutschsprachigen Raumes ausgebaut werden. Als ersten Meilenstein auf diesem Weg, bereitet das Team um den neuen Konservator Dominik Gügel und seine Kuratorin Christina Egli derzeit eine Ausstellung über die literarische Welt des 19. Jahrhunderts vor. Unter dem Titel, „Napoleons Liebesschwüre und andere Köstlichkeiten aus den Hofbibliotheken der Königin Hortense“, entsteht der Kreis um Königin Hortense und Generalvikar von Wessenberg neu. Wichtige ehemalige Bestandteile der Arenenberger Bibliothek, wie z.B. die Liebesbriefe Napoleons I. an die Kaiserin Joséphine oder der Talisman Karls des Grossen werden aus ihrem „französischen Exil“ zurückgeholt und nach fast 170 Jahren zum ersten Mal wieder am Bodensee gezeigt. Darüber hinaus sind es bedeutende Schriftsteller, wie René de Chateaubriand, Juliette de Récamier, Alexandre Dumas (père) oder Alexandre Buchon, die mit ihren Erinnerungen die Bodenseeregion verzaubern und ein lebendiges Bild von den damaligen Lebensumständen liefern. Ein dritter Abschnitt wird „Von der Kunst, Bücher zu machen“, sprechen. Hier stehen Verleger und Buchhändler, aber auch „einfache Handwerker“ wie Drucker, Buchbinder oder Illustratoren im Mittelpunkt.

Der thematischen Dreiteilung entsprechend, findet die Ausstellung – und das kann fast als kleine Sensation bezeichnet werden – gleichzeitig und grenzüberschreitend an drei Orten statt, nämlich auf Schloss Arenenberg, im Gottlieber Bodman Haus (beide Kanton Thurgau) und auf dem UNESCO Weltkulturerbe Insel Reichenau (Baden-Württemberg). Nähere Informationen stehen ab ca. Oktober 2002 zur Verfügung. Ausstellungsdauer ist von April bis Oktober 2003.

Dominik Gügel, M.A.
Schloss Arenenberg /Konstanz-Petershausen