Brief von Pfarrer König an P.H.v. Wessenberg 2007

 

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Der Originalbrief, der am 6.7.07 in Hottwil übergeben wurde:

 

Übersetzung:

Lieber Herr von Wessenberg, liebe Kulturfreunde
Als Mandacher Pfarrer seit 3 Jahren bin ich den Wessenbergern dankbar, denn die Edlen von Wessenberg haben 1072 die Kirche und Pfründe in Mandach gestiftet. Meine Wohnadresse lautet übrigens auch Pfründmatt und bei der Einsetzung ins Pfarramt muss man im Beisein vom Dekan den Pfrundvertrag unterschreiben. In früherer Zeit haben einander die Pfarrer noch den ganzen Bauernhof weitergereicht mit einem Zuchtstier und den Hühnern, heut haben wir privat vom Vorgänger ein bisschen Kaminholz und einen Vorhang übernommen. Denn das Pfrundland ist schon lange verpachtet, aber ich muss sagen, der große Garten ist auch fast ein Pfrund.
So haben die Wessenberger Kirche und Pfrund gestiftet. Natürlich ist die spätgotische Kirche von jetzt erst in dieser Form 1518 erbaut worden und das Innere und Äußere hat sich immer wieder verändert bei jeder Renovierung. Die Kanzel ist verschwunden, dafür ist ein Fresko hervor gekommen. Vor der Reformation hat man sich zum Gottesdienst getroffen angesichts des Ölbergfreskos, das den betenden Jesus im Garten Gethsemane darstellt. Das ist ein Bild mit großer Spannung, im Vordergrund die Häscher, die vom Judas in den Garten geführt werden. Eine solche Darstellung hat man sonst außerhalb von der Kirche dargestellt gehabt, dort, wo der Friedhof zu finden ist, - Jesus als Fürbitter von den Verstorbenen. Dass da  Jesus angesichts der Gottesdienstbesucher als Fürbitter betet, kann man  als eine Art Fürbitte für die Gemeinde verstehen.
Vor der Reformation hat man diesen Gedanken verstanden, zu der Zeit, in der noch die Wessenberger Pfarrer gestellt haben. Nach der Reformation 1528 hat man das Fresko übertüncht um der Reformation Nachdruck zu verleihen. Die Vorstellung von Opfertod und Fürbitte hat man nicht mehr verstanden. der Pfarrer, der das gemacht hat, ist komischerweise ein Professor für Hebräisch und Latein gewesen. 434 Jahre später, im Jahr 1962, hat ein anderer reformierter Pfarrer, der sich mit Archäologie ausgekannt hat, das Fresko bei der Kirchenerneuerung mit einem Kirchenpflegspräsidenten, einem Posthalter, entdeckt und darüber abenteuerliche Berichte geschrieben.
So überdeckt der eine die Geschichte und vergisst, was vorher war, der andere bringt sie wieder zum Vorschein. Der eine spendet Geld für die Kirche, wo er doch das Geld auch gewinnbringender hätte anlegen können...
Doch die Stiftung hat sicherlich einen Gewinn gehabt für die Menschen. Auf die Menschen zu schauen, auf ihr Wohlergehen und Seelenheil, das ist die Aufgabe der Pfarrer gewesen und ist sie noch heute.
Vorreformatorische Pfarrer haben Wessenberg geheißen. In nachreformatorischer Zeit gab es 3 Pfarrer namens König. Von 1701 bis 1704 war ein König da, von 1704 bis 1714 ein anderer Pfarrer König. Der 3. hat wegen dem Einmarsch der Franzosen 1798 die Stelle nicht antreten können. Darum bin ich jetzt sozusagen da an 3. stelle, wiederum 200 Jahr später.
Weitere interessante Sachen hörte man über die Eroberung von den Bernern 14 15, den Waldshuterkrieg 1468, das letzte große Pestjahr 1668 und so weiter und so fort.
Die Geschichte ist ein Schatz, lehrt in weiten Zusammenhängen zu denken, gibt einem Wurzel, Halt und Ideen, relativiert vieles, was man erlebt und sich darüber ärgert.
Nur, wer sich erinnert, kann auch nach vorne blicken. man braucht beide Blickrichtungen. Ich finde es darum schön, dass Sie da sind, die Wurzeln aufrecht haltend. Als ich einmal in Konstanz am Bodensee war, habe ich sofort das Wessenberghaus entdeckt. Und dass Namensvetter von mir schon in Mandach Pfarrer gewesen sind, hat mich berührt.
Wir stehen also in einem großen Zusammenhang, der eine reicht dem anderen etwas weiter. So ist irgendwie das Geschichtsbewusstsein auch ein Teil von Zufriedenheit.
Ich habe Ihnen noch 2 Sachen mitgenommen: eine religionspädagogische Arbeit über das Ölbergfresko und ein paar Postkarten. die ich mit den Konfirmanden letztes Jahr gestaltet habe.
Ich schließe mich dem Wunsch an, der auf der Karte steht... und wünsche  gute Tage, Reise und Zusammensein in Hottwil.
Denken Sie daran: Die Geschichte ist ein Schatz - und schon Jesus hat vom Schatz im Acker gesprochen...

Christian König 6.7. 2007