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Nähere Hinweise zu dem Thema:

Soziale und religionspädagogische Impulse
durch I.H.v. Wessenberg

In dieser Arbeit geht es darum, dem Wirken von Ignaz Heinrich v. Wessenberg auf sozialem und religionspädagogischem Feld nachzuspüren, zeitbedingte Einflüsse herauszuarbeiten und das  Werk Wessenbergs in Relation zu heutigen religionspädagogischen Problemkreisen zu bringen.

Die Ausbildung des Klerus

Eine besondere bildungspolitische Aufgabe sah I. H. v. Wessenberg in der Verbesserung der Klerikerausbildung. Dazu straffte er das Seminarstudium mit dem Ziele, eine Generation weltoffener, breit gebildeter und aufgeklärter Kleriker zu erhalten und intensivierte die Pfarrerfortbildung.   Die Gründung der  »Geistlichen Monatsschrift« (1802), ab 1804 u.d.T. »Archiv für die Pastoralkonferenzen des Bistums Konstanz«, diente sowohl der Vertiefung des theologischen Dialogs wie auch seiner Einflussnahme auf die Gedankenbildung des Seelsorgeklerus. Der Stärkung der gottesdienstlichen Kommunikation diente sowohl das 1812 eingeführte Konstanzer Gesangbuch. Zuvor schon hatte W. die deutschsprachigen liturgischen Teile erhöht, die Pfarrer zu verstärkter Predigttätigkeit angewiesen und deutsches Liedgut in größerem Umfang in die Messformulare integriert. W.s Bemühungen um die Liturgiereform zielte auf aktive Teilnahme über das gesamte Kirchenjahr am gottesdienstlichen Geschehen. W. distanzierte sich  von volksfrommen Brauchtum und mystizistisch-restaurativen Seelsorgepraktiken. Er förderte ferner den liturgischen Gebrauch der Landessprache. Die staatliche Oberaufsicht über Schule und Universität befürwortete W. zur fundierten Unterrichtung der Gläubigen und Förderung der Sittlichkeit. W. hatte maßgeblichen Anteil an der Eröffnung des ersten katholischen Lehrerseminars (1812) und war Förderer der 1805 in Regensburg gegründeten katholischen Bibelgesellschaft.

Es wäre interessant, diese Aktivitäten aus Sicht heutiger Religionspädagogik zu bewerten.

 

Die religiöse Bildung des Volkes und das soziale Engagement  

Die Sicht Wessenbergs auf Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827), auf  seinen Lehrer Johann Michael Sailer (1751-1831), auf seinen „Schüler“ Johann Baptist Hirscher (1788-1865), auf Adolph Kolping (1813—1865) und Bischof Wilhelm Emanuel v. Ketteler (1811– 1877) wäre aufzudecken, die alle -  wie er  selbst auch -  der Volksbildung, Didaktik, Sozialpädagogik und Sozialpolitik wichtige Impulse übertragen haben.

Zentrale Texte der genannten Autoren zu Fragen einer religiösen Erziehung wären im Zusammenhang mit Wessenbergs  Ideen und seiner Interpretation lern- und entwicklungspsychologischer Voraussetzungen, die ein ethisches Lernen bedingen,  neu zu interpretieren und zu diskutieren. Man sollte auch die Wessenberg‘schen Impulse für eine systematische Beobachtung von Lehr-  und Lernprozessen und seine Vorschläge für den religiösen Unterricht im Allgemeinen (Belehrungsstunden für Erwachsene, Lesebücher für Geistes– und Herzensbildung, Volksbibliotheken, Erziehung und Bildung für Mädchen und Frauen) in Vergleich zu Empfehlungen aus Praxis und Theorie heutiger Religionspädagogik bringen.

Wessenberg hatte sich, wie Sailer, Hirscher, Kolping und Ketteler auch, zusätzlich stark  sozial engagiert. Er hatte ein Waisenhaus und eine Blindenanstalt ins Leben gerufen und den „Verein für die Rettung sittlich verwahrloster Kinder“ gegründet. Die Wessenberg‘sche Vermächtnisstiftung  hat heute noch die Aufgabe, besonders erziehungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen in teilstationären Einrichtungen familienunterstützende und familienergänzende Hilfen zu gewähren und sie zu lebenstüchtigen Menschen im christlichen Sinne heranzubilden. Eine Studie über die historische Entwicklung dieser Institution zur heutigen Kindererziehungs-Hilfeeinrichtung könnte schließlich eine  kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff "Verwahrlosung" und die Darstellung von Erkenntnissen  über die individuelle und soziale Lebenswirklichkeit von Menschen mit Schädigungen und Funktionseinschränkungen, das Thema "Integration" von Menschen mit Behinderungen in verschiedene Bereiche von Gesellschaft und Kirche; das Verhältnis von "Glaube und Behinderung", von Möglichkeiten religiöser Vermittlung unter erschwerenden Bedingungen in den Bereichen Schule, Familie, Heim und Gemeinde nach sich ziehen.