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Erste Sitzung der Wessenberg-Akademie

Empfang der Stadt Konstanz

vom 7. Juli 2002

Grußwort von Regierungsrat Kurt Wernli

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Verehrter Herr Professor,

Geschätzte Damen und Herren

Im Namen der Regierung des Kantons Aargau ist es für mich eine besondere Ehre und Freude,

Ihnen die Grüße und die besten Wünsche zu überbringen.

"Alles wirkliche Leben ist Begegnung" hat der Philosoph Martin Buber einmal gesagt. Heute hat in Konstanz die erste Begegnung der in Hottwil gegründeten Wessenberg-Akademie stattgefunden. Mit zwei Schwerpunkten:

·        Bilanzierung der Wessenberg-Forschung

·        und Sammlung von Wessenbergiana.

Im Mittelpunkt also die Familiengeschichte! Das heißt: Personen, Taten, Orte und Gegenstände der Familie von Wessenberg. Im Mittelpunkt aber auch die Sammler und Bewahrer dieser Geschichte! Und das sind Sie, geschätzte Mitglieder der Akademie!

Meine Damen und Herren, Sie sammeln und bewahren. Und Sie sammeln und versammeln sich. Denn Sie wissen:

·        ohne Sammlung keine Tiefe,

·        ohne Sammlung keine tiefgreifende Umwandlung,

·        ohne Sammlung keinen Frieden!

Für das Individuum wie auch für die Gruppe! Sammlung ist nicht nur der Gegensatz zur Zerstreuung. Sammlung ist auch die Antithese zu allem Aufgehen an der Peripherie. Die Antithese zum Sich-Gehen-Lassen. Sammlung ist der Sieg der Einheit!

Unser heutiges Leben ist ein ständiges Herausfallen aus dieser Einheit.

Das Gemeinwohl, die Einheit, ist für viele zum Fremdwort geworden. Unsere Gesellschaft existiert aber nicht deshalb, weil sich alle selber profilieren. Sie existiert, weil Mehr- und Minderheiten einander akzeptieren und respektieren. In Kommissionen, im Ratsplenum, in der Gesellschaft. Kurzum: gelebte Solidarität!

Heute stellen wir jedoch in der Politik eine zunehmende Kritikfreude fest. Und eine abnehmende Bereitschaft, Mehrheiten anzuerkennen. Auch viele Bürger/innen sind heute weniger gewillt, eine Niederlage, einen Schuldspruch, eine Zurechtweisung zu akzeptieren. 
Diese Einstellung steht quer zur demokratischen Tradition! Eine Tradition, die geprägt ist vom Ausgleich zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft. Die geprägt ist von der Öffnung gegen außen und der Öffnung gegen innen. Sonst ist die Einheit in der Vielfalt gefährdet; und damit auch die Vielfalt in der Einheit!

In Konstanz gelingt die Öffnung in beiden Richtungen. Der Blick über die Grenzen, über das Wasser: Wie wohltuend! Wie befreiend! Wie beruhigend!

Das Mittelmeer liegt am Bodensee! Die Grenzen der Schweiz, Deutschlands und Österreichs sind reine Konvention. Eine Erfindung des Menschen! Im Wasser lösen sie sich auf. Wir sind Europäer, wir sind Partner!

Europa ist meine Zukunft, die Schweiz ist mein Vaterland und der Aargau ist meine Heimat! Ich stehe also in der Tradition der Heimat, gehe in die Welt hinaus und fühle mich als Europäer.

Im Jahr 2003 kann der Aargau seinen 200. Geburtstag feiern. Ein Junior im Konzert der Schweizer Kantone. Aber der Aargau hat in diesen 200 Jahren das Wichtigste erreicht: eine eigene Identität! Er ist einheitlich geworden. Er ist zu seinem eigentlichen "Selbst" erwacht.

Napoleon hat den Aargau damals zusammengefügt - durchdrungen von strategischen
Visionen. Und beeindruckt von der Eloquenz der von Aarau entsandten Diplomaten,
die für ihre Sache warben.

Der Aargau präsentiert sich heute als ein Stück Schweizer Mittelland, das die Balance 
hält zwischen wirtschaftlicher Dynamik und ländlicher Erholsamkeit:

·      Der "Autobahnkanton" ist zu mehr als einem Drittel von Wald bedeckt.

·       Die Bevölkerung im "Durchschnittskanton" ist jünger als jene der übrigen Schweiz.

·       Im Aargau wird jeder dritte Franken in die Bildung investiert.

Die Wessenberg, als Urschweizer und Uraargauer haben sich immer um die Einheit, die Sammlung von Kultur und Geschichte, bemüht.

Und Sie und alle Mitglieder der Akademie wollen dies auch in Zukunft tun. Sie übernehmen somit Verantwortung für das Wohlergehen in der Gemeinschaft. Dafür danke ich Ihnen.

Wenn wir eine funktionierende und gesunde Gesellschaft wollen, so bedingt das den Einsatz jedes Einzelnen für das Ganze. Das jedoch setzt das Einheitlich-Werden der ganzen Person voraus - in der Sammlung.

Denn nur der Gesammelte ist wirklich wach. Und nur der Wache lebt wirklich. Die Sammlung ist der Sieg der Einheit!