Vortrag von Abt Dr. Lukas Schenker

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Beziehungen zwischen dem Kloster Mariastein und der Familie von Wessenberg in

Burg i. L. während des 17. Jahrhunderts

 

Vortrag vor der Wessenberg-Akademie, Samstag, 3. Juli 2004, in Burg i. L (Schlosskirche).

 

Verehrte Damen und Herren! Ich habe meinen Ausführungen den Titel gegeben:

Beziehungen zwischen dem Kloster Mariastein und der Familie von Wessenberg in Burg i.L. während des 17. Jahrhunderts. Dabei habe ich praktisch nur Quellen herangezogen, die sich in unserem Klosterarchiv finden ließen. Einleitend ist zuerst zum Wallfahrtsort und Kloster Mariastein Folgendes fest zu halten: Auf Wunsch des Rates der Stadt Solothurn, der die sog. Kastvogtei über die Benediktinerabtei Beinwil am Passwang droben innehatte, sollte in dem um die Jahreswende 1554/55 ausgestorbenen Kloster das benediktinische Leben wieder eingeführt werden. Auf dessen Bitte hin schickte das Kloster Einsiedeln 1589 zu diesem Zwecke Mönche dorthin, die 1622 durch einen Stadt-Solothurner Mönch, der ins Kloster Rheinau eingetreten war, abgelöst wurden. Nach dessen Tode 1633 wählte die unter ihm nun herangewachsene kleine Mönchgemeinschaft aus ihren eigenen Reihen P. Fintan Kieffer zu ihrem Abte. Schon vorher war die Verlegung des Klosters an einen zukunftsträchtigeren Ort diskutiert worden. Der Basler Bischofwies auf den in seinem Bistum gelegenen bereits bestehenden Marienwallfahrtsort "im Stein" hin. So kamen 1636 die ersten Benediktiner aus dem Kloster Beinwil nach Mariastein, um die Betreuung der Wallfahrt zu übernehmen und die baulichen Vorbereitungen für eine Transferierung des Klosters Beinwil nach Mariastein zu treffen. Das Kriegsgeschehen während des Dreissigjährigen Krieges, das - mehrmals für die so nahe an der Grenze gelegene Wallfahrtsstätte bedrohlich wurde, verzögerte die Ausführung des Translationsplanes, so dass er erst nach 12 Jahren im November 1648 verwirklicht werden konnte.


Um sich aber auch am zukünftigen neuen Ort des Klosters wirtschaftlich abzusichern, suchte Abt Fintan Kieffer in dessen Nähe Güter zu erwerben. Nun bot 1639 Trudpert von Wessenberg, der 1628 das Bildes in der Schlosskapelle Burg gestiftet hatte, den Dinghof von Metzerlen mit der niedrigen Gerichtsbarkeit, d. h. mit einigen richterlichen und politische Rechten, gleichzeitig der Stadt Solothurn und dem Beinwiler Abt an. Solothurn, das in diesem Gebiet seine Herrschaftsrechte ausbauen wollte, war bald mit dem Junker einig. Im Auftrag des Abtes verhandelte aber auch der zum Statthalter in Mariastein ernannte P. Prior Vinzenz Fink mit dem Verkäufer. Da der ertragreiche Hof für das Kloster wegen der günstigen Lage sehr willkommen war, überbot P. Vinzenz das Solothurner Angebot. Daraufhin trat von Wessenberg von der Abmachung mit Solothurn zurück. Nun aber drohte Solothurn dem P. Vinzenz mit einer Busse. Um einem Konflikt mit Solothurn auszuweichen, änderte der Junker seine Verkaufsabsicht und wollte den Hof für 15 Jahre nur pfandweise dem Kloster überlassen. So wäre er auch zu seinem Geld gekommen, das er offensichtlich benötigte. Doch Solothurn gab keineswegs nach. Das Kloster musste schließlich gegen den Willen des Wessenbergers von seinem Plane zurück treten. Einen Konflikt mit der solothurnischen Obrigkeit konnte sich auch das Kloster nicht leisten. Denn gerade jetzt, wo die Planung der Übersiedlung nach Mariastein im Gange war, war das Kloster auf das Wohlwollen und die Hilfe der Stadtherren von Solothurn angewiesen; es durfte und wollte die bisherige freundliche Einstellung der Stadtväter zum Kloster nicht gefährden. Mit diesem für den Junker von Wessenberg nicht unbedingt erfreulich verlaufenen Geschäft trat die Burgthaler Familie von Wessenberg mit den kommenden Betreuern des Wallfahrtsortes im Stein erstmals in Beziehung.

 

Nun war aber mit dem an Solothum abgetretenen Dinghof in Metzerlen auch eine jährliche Messverpflichtung für eine Jahrzeit verbunden. Um sich dem Kloster gegenüber wohlwollend zu zeigen und wohl auch zur Beruhigung des vielleicht doch etwas schlechten Gewissens übergab Solothum dem Kloster die entsprechende Geldsumme, damit dort alljährlich das vorgesehenen Jahresgedächtnis gehalten werde. (Acklin VI, 233f. -Fürst, Wiedererrichtung, 210-212).

 

Der mit Burg verbundenen Familie von Wessenberg, die aber damals wohl zumeist in Basel wohnte, war natürlich der Wallfahrtsort im Stein längst bekannt und er bedeutete ihnen offensichtlich auch etwas. Das hat das vorhin genannte Geschäft bereits gezeigt, auch wenn es dann anders herauskam als beabsichtigt. Die unverheiratete Anna Maria von Wessenberg, die Schwester von Humbrecht und Trudpert, lebte krank - wie sie selber in ihrer letzten Verfügung schreibt -"im JammerthaI zu Basel" und sah ihrem baldigen Tod entgegen. Um für ihr Seelenheil vorzusorgen, vermachte sie am 16. April 1643 dem Wallfahrtsort im Stein und dem sich dort bald niederlassenden Kloster ein Gut im elsässischen Liebenswiler, das jährlich einen Zins abwarf. Dieses Geld sollte für eine beständige Jahrzeit verwendet werden, wobei vier Priester zur Feier von vier heiligen Messen verpflichtet wurden. So sollten zwei Ämter gesungen werden, das eine als Requiem, das andere zu Ehren der Jungfrau Maria, ferner sollten zwei Priester je eine stille Totenmesse lesen, alle in der Gnadenkapelle (auch bei Dietler, Analecta Minora II, fol. 117r, aus dem alten Jahrzeitenbuch von Mariastein). Die fromme Jungfrau verstarb dann bereits am folgenden 7. September 1643. Kurz zuvor hatte sie noch gewünscht, in der Gnadenkapelle begraben zu werden. Abt Fintan Kieffer gab dazu gerne die Erlaubnis. Und so wurde sie am 10. September dort bestattet. 1644 wurden dann erstmals die vier Jahrzeitmessen für die verstorbene Anna Maria gehalten. Dazu ist in der Klosterchronik des P. Vinzenz Acklin zu lesen, Anna Maria habe auch dem Kloster Einsiedeln eine Vergabung gemacht, nämlich ihre Jungfrauenkette und ein Armband. Doch vermittelten dann ihre beiden Brüder Humbrecht und Trudpert mit der Einwilligung des Einsiedler Abtes Placidus Reimann (1629-1670) "in Ansehung, dass gemehlte Jungfrau ihr Ruhebettlein bei und in der Gnadenkapelle hat und jetzt diese Kirche an Ornamenten arm ist", diese Kette und das Armband nach Mariastein. Dafür mussten aber zusätzlich vier Quatemberjahrzeiten gehalten werden (Acklin VI, 410f. -Fürst, Wiederherstellung, 214). Diese Anna Maria von Wessenberg müsste im Stammbaum neben ihren Brüdern Humbrecht und Trudpert ergänzt werden, da sie dort bisher fehlt.

 

Mit der Übersiedlung des Klosters Beinwil nach Mariastein im Jahre 1648 wurde auch gleichzeitig der Grundstein gelegt für die geplante Kloster- und Wallfahrtskirche. Am 26. November 1649 bewilligte aus Vergünstigung der Landhofmeister (Humbrecht II. ?) von Wessenberg, dass im Wessenbergischen Walde hinter der Burg 150 Stück Bauholz für den Dachstuhl der Kirche gefällt werden durften (Acklin VI, 676). Das war ein ansehnlicher Beitrag an den Bau der neuen Kirche, was die Klostergemeinschaft sicher zu schätzen wusste.
 

Im Lapis Probatus, dem Mariasteiner Mirakelbuch, das P. Dominikus Ginck 1693 in Pruntrut herausgab, wird auch ein Vorfall (S. 67-69) erwähnt, der mit den Schlossbewohnern zu Burg etwas zu tun hat. In barockem Stil wird hier erzählt: BurgthaI, ein fein gebautes, wegen weitem und hohem Aussehen sehr lustiges Schloss, den Edlen von Wessenberg gehörig, erlebte 1653 ein „Wunderwerk“. Die Dienstmagd Maria Donin sollte auf Befehl ihres Hausherrn (welcher?: Humbrecht II. oder Trudpert?) Weidengerten schneiden von einem Baum, der in einem Gemäuer eines abgebrannten Hauses verwurzelt war .Dabei hielt sie sich an einem großen Stein fest. Dieser gab jedoch bald nach und begrub die Magd unter sich. Da ringsum niemand anwesend war, der die Magd aus ihrer Notlage befreien konnte, gelobte sie "hertzinniglich" eine Bittfahrt zur Muttergottes im Stein. Durch ihr Jammern und Seufzen aufmerksam gemacht, kamen bald darnach Nachbarn, um nach ihr zu sehen. Sie hoben nun schnell den Stein weg und befreiten so die dem Tode bereits nahe, arme Frau. Zum Verwundern der Anwesenden stand die Frau ohne jegliche Verletzung auf.

Am 31. Oktober 1655 weihte der Basler Fürstbischof Franz von Schönau feierlich die soweit fertig gestellte Klosterkirche von Mariastein. Unter den geladenen Gästen, worunter sich in Begleitung des Bischofs auch einige adelige Herren aus der näheren und weiteren Umgebung befanden, wird auch Johann Franz von Wessenberg genannt (Acklin VII, S.59).
 

Dass die Wessenberger, wie viele andere Menschen auch, in ihren eigenen persönlichen und familiären Anliegen auf die Hilfe der Gottesmutter im Stein vertrauten, ist nicht verwunderlich. Denn die von vielen erfahrenen Gebetserhörungen verbreiteten den Ruf des aufblühenden Wallfahrtsortes. So wird auch berichtet, dass ein Kind des (Johann) Franz von Wessenberg, eines Sohnes des Trudpert, damals Obervogt zu Delsberg, im Jahre 1665 durch die Fürbitte der glorwürdigsten Jungfrau Maria im Stein von einer schweren Krankheit befreit worden war .Zum Zeugnis und aus Dankbarkeit wurde eine Votivtafel gestiftet, worauf stand: Consolatrix afllictorum, ora pro nobis (Du Trösterin der Betrübten, bitte für uns)! (Nachlass E. Baumann, im KlA Mariastein, Burg Nr. 7, sub dato 1665 mit Verweis auf BMA 38 B, p. 66? oder 68?, dort aber nicht gefunden!).
 

1670 stoßen wir wieder aufeine Beziehung der von Wessenberg zum Kloster Mariastein. Der schon genannte Johann Franz von Wessenberg, bischöflich-baslerischer Rat und Obervogt zu Delsberg, brauchte offenbar Geld. Das Kloster übergab ihm am 21. Januar 1670800 Basler Pfund. Diese Summe setzte sich zusammen aus Erträgnissen und Zinsen, die vom Junker Hans Adam von Pfirt seI. her stammten und die er dem Gotteshaus Mariastein geschuldet hatte. Für dieses Geld verlangte aber das Kloster ein Unterpfand, das ihm in Liebenswiler, wo die Wessenberger einige Güter besaßen, übergeben wurde, nämlich 4 1/2 Jucharten Rebland und ein Trottenhaus samt Garten. Das Kloster wollte also sicher sein! Zudem musste der Adelige dem Kloster jährlich einen Zins von 40 Pfund bezahlen, also mit 5% verzinsen (Acklin VIII, S. 469-471).
 

Doch fünf Jahre später, 1675, zeigt sich der gleiche Johann Franz von Wessenberg als Wohltäter des Klosters. Das Gotteshaus hatte angefangen, ein Wirtshaus (das heutige Kurhaus Kreuz) zu bauen, um den wachsenden Bedürfnissen der zunehmenden Wallfahrt zu genügen. Zum Bau brauchte man Bauholz. Da aber nach der Fertigstellung des ersten Klosterbaues (1648) und der Klosterkirche (1655) der klostereigene Wald erschöpft war und auch von anderer Seite kein Bauholz zu bekommen war, bat der Abt am 30. Oktober 1675 die Regierung in Solothum um die Erlaubnis, Holz schlagen zu dürfen im äußeren Rotberg ob dem Fürstenstein, d. h. also gegen Ettingen hin. Das betraf offensichtlich den Staatswald. Doch in dieser Situation zeigte sich nun der Junker (Johann) Franz von Wessenberg, Obervogt zu Delsberg, großzügig. Er stiftete 150 Stück Bauholz zum Bau des Wirtshauses. Damit stellte er sich in die Fußstapfen seines Vaters oder seines Onkels Humbrecht II., der schon 1649 für den Dachstuhl der Klosterkirche ebenfalls 150 Stücke Bauholz gestiftet hatte (Acklin VIII, S. 864)

Bis in unsere Zeit hinein war es Brauch, dass sich Neupriester einen Geistlichen Vater und eine Geistliche Mutter erkoren, die sich dann natürlich als Wohltäter ihres Geistlichen Sohnes erweisen mussten. Wie es dazu kam, dass Johann Franz von Wessenberg den Mariasteiner P. Karl Littry oder Lottori zum Geistlichen Sohn erwählte, ist schwer zu sagen. Verwandtschaftliche Beziehungen scheinen nicht vorhanden gewesen zu sein. Denn seine Eltern, Johann Littori und Magdalena Pinturri von Rapperswil scheinen jedenfalls nicht alteingesessene Bürger dieser Stadt gewesen zu sein. Woher sie in die Rosenstadt Rapperswil eingewandert sind, ist nicht bekannt. Vielleicht fand der Primiziant gerade niemand anderen als eben den dem Kloster wohlgesinnten Junker von Burg.

 

Er wurde am 21. Dezember 1680 zum Priester geweiht, starb aber bereits vier Jahre später, am 21. Mai 1684, an Wassersucht. Johann Franz stiftete seinem Geistlichen Sohne einen Messkelch samt Patene aus 40 Loth Silber. Der Kelch war versehen mit seinem Familienwappen und dem seiner conjux electa, also seiner Frau, Johanna Esther von Ostein. Der Kelch ist leider nicht mehr vorhanden; denn er wurde mit anderen Kelchen aus der Sakristei für die Dekoration zweier Armreliquiare verwendet, welche die St. Vinzenzreliquie ( einen Armknochen) und die Reliquien der heiligen Thebäer von Solothurn, Urs und Viktor, und der heiligen Lipsana ( unbekannte Heilige, in keinem Lexikon gefunden, Verschreibung?) aufnehmen sollten (Acklin IX, 683, zum Jahr 1682; Professbuch, Nr. 32). Diese Armreliquiare sind auch nicht mehr vorhanden.

 

Im Folgenden geht es um den Sohn von Johann Franz, der Franz Hartmann Ludwig von Wessenberg und Freiherr zu Ampringen heißt, sich aber gleichzeitig auch Herr zu Burgthal nennt. Seine Lebensgeschichte ist relativ gut bekannt. Er ist 1669 geboren. Seine Mutter ist die bereits erwähnte Johanna Esther von Ostein. Wahrscheinlich erhielt er seine Ausbildung bei den Jesuiten in Pruntrut, wechselte dann 1685 für fünf Jahre nach Rom ins Collegium Germanicum, das ebenfalls von den Jesuiten geleitet wurde. Bereits zuvor hatte er ein Kanonikat am Domstift zu Ariesheim erhalten, wo sich seit 1678 das Basler Domkapitel niedergelassen und den Dom errichtet hatte. Die Einkünfte dieses Kanonikates ermöglichten ihm wohl das Studium in Rom. 1693 wurde er Domkapitular des Basler Domstiftes in Ariesheim. Doch erst 1697, wie dies in den Domkapiteln üblich war, wurde er zum Priester geweiht. 1703 wurde er Kustos und 1705 Archidiakon; das sind alles Ämter in der aufsteigenden Hierarchie des Domkapitels. In der Folge weilte er im Auftrag des Basler Fürstbischofs wegen einer Streitsache für längere Zeit in Paris. Sein Ende ist nicht gerade rühmlich: Infolge einer Anklage diplomatischen Verrates gegenüber dem Fürstbischof wurde er 1715 aus dem Domkapitel ausgeschlossen. Er floh nach Freiburg i. Br. und starb dort an einem Schlaganfall 1718 (Bosshart, S. 319(; HS 1/1, S. 305).

 

Dieser Franz Hartmann Ludwig verkaufte am 2. Juli 1695 dem Abt Esso Glutz und dem Konvent von Mariastein zwei kleine Waldstücke, genannt Rebhölzli und Kopf ob der Wollschwiler Rütti, für 400 Gulden, um daraus Bau- und Brennholz zu gewinnen. Die beiden Wäldchen sollten nämlich innerhalb von vier Jahren völlig ausgeholzt werden (Acklin XIII, S. 47f)

 

Im Jahr darauf, 1696, also ein Jahr vor seiner Priesterweihe, bot Franz Hartmann Ludwig dem Kloster Mariastein die Nutznießung der Güter und Wiesen, die ihm in Burg gehörten, für 1000 Thaler an und zwar auf 12 Jahre. Offenbar wollte sich der adelige Kleriker, der als Domherr zu Ariesheim lebte und darum nicht ständig in Burg zum Rechten sehen konnte, sich von der Verwaltung seiner Besitzungen in Burg entledigen. Das Kloster nahm das Anerbieten an (Acklin XIII, S. 263: 28. Nov. 1696; Acta Capitularia II, S. 565: 29. Dezember [ev .wegen abgeschnittenem Rand statt IXber nur Xber]) und entsandte den P. Prior am 14. Dezember 1696 nach Arlesheim, um die Verhandlungen aufzunehmen (Acklin XIII, 271 ). Bereits am 7. Januar 1697 wurde das Admodiations-Instrument aufgesetzt und dem Domherrn durch den Klosterökonomen P. Morand Zipper (1657- 1700) 1250 Pfund Stebler in bar ausbezahlt (Acklin XIII, 286) -(Admodiation = Verpachtung von Güterkomplexen mit allen Gerechtigkeiten). -Der Vertrag wurde dann am 2. Februar von beiden Seiten unterschrieben (Acklin XIII, 297-305 mit Angaben der Verzinsung bis 1709). Das Kloster ließ sich dabei die Nutznießung dieser Güter eigens für diese volle Zeit von 12 Jahren verbürgen und zwar auch für den Fall, dass der adelige Domherr vor Ablauf dieser Frist sterben sollte.

 

Die verlehnten Güter umfassten u. a. das Sennhaus, eine Scheune samt Stallungen, die Schlossscheune (worin aber nicht gewohnt werden könne, da sie baufällig sei), dazu kamen die Schäferei für 150 Schafe und verschiedene Matten und Weiden und das Recht zum Holzschlagen.

Auf den 12. Apri11697 rief der Herr Kanonikus von Wessenberg die Einwohner von Burg zusammen, ließ den zwölf Jahre dauernden Lehensbrief verlesen und etwa vorhandene Zweifel klären. Daraufhin setzte er das Kloster Mariastein öffentlich und authentisch in seine Rechte ein, die sich mit diesem neuen Lehensbesitz für das Kloster ergaben (Acklin XIII,314).

 

Doch bereits 1706, also drei Jahre vor Ablauf der abgemachten 12 Jahre, verlangte der Domherr infolge von "Diffikultäten" die verpachteten Burgthaler Lehensgüter zurück. Die "Diffikultäten" werden leider nicht beschrieben. Das Kloster musste wohl notgedrungen auf das Verlangen eingehen, doch sollte es für die bevorstehende Ernte, die ihm durch die Nutznießung noch zustand, entschädigt werden; dafür verzichtete es auf das Holz, das es noch hätte schlagen können (Acklin XIII, S. 979-981: 12. März 1706).

 

Es scheint jedoch, dass durch diese vorzeitige Auflösung des Nutznießungsvertrages das gegenseitige Vertrauen nicht getrübt worden ist. Denn drei Jahre später, 1709, versprach Domherr Franz Hartmann Ludwig, zelo Religionis accensus, entbrannt vom Eifer für die Religion, einem Hans Jakob von A1m, welcher nach reiflicher Überlegung seinem Irrtum abgeschworen und den katholischen Glauben angenommen hatte, solange er lebt, zu unterhalten und zu verpflegen, doch soll er, solange es seine Kräfte noch zulassen, arbeiten und schaffen. Dieser Hans Jakob stammte aus dem Bernbiet und diente als Senn auf Burgthai, doch wohl auf den Gütern des Domherrn. Sollte der Domherr vorzeitig sterben, - so verfügte er weiter, - so müssten die Erben diese Verpflichtung übernehmen. Um aber deswegen sicher zu sein, - vielleicht traute er seinen Erben nicht ganz, -beauftragte er das Kloster Mariastein als Executor, also als Testamentsvollstrecker. Diese Abmachung wurde in zwei Exemplaren schriftlich ausgestellt, wobei der Konvertit und das Kloster je ein Exemplar erhielten (AcklinXIII, S.1064f., 11. Sept. 1709).

 

Im sog. Konvertitenrodel des Klosters Mariastein, welcher die Namen der Konvertiten verzeichnet, die von 1633 bis 1814 in Mariastein in die katholische Kirche aufgenommen wurden, findet sich unter dem Datum des 17. August 1709 tatsächlich der Eintrag: Der calvinistischen Häresie abgeschworen hat Jabobus von Allmen, Berner (Bernensis); in die katholische Kirche aufgenommen hat ihn der Mariasteiner P. Caelestin Cattin ( 1660-1 724 ), der damals Pfarrer von Hofstetten und Metzerlen war (BMA 258, S. 88).

 

Mit dieser Erwähnung befinden wir uns bereits am Anfang des 18. Jahrhunderts. Damit möchte ich zeitlich meine Ausführungen abbrechen.

 

Wie wir gesehen haben, verehrte Damen und Herren, spielten sich die Beziehungen zwischen der Familie von Wessenberg in Burg und dem Kloster in Mariastein auf zwei Ebenen ab: auf der geistlich-seelsorglichen und auf der materiell-ökonomischen. Das Kloster ist eben nicht allein ein geistlich-pastorales Zentrum, es ist, wenn wir es so sagen können, auch ein wirtschaftliches Unternehmen, das seine materielle Existenz auch nach ökonomischen Gesichtspunkten absichern muss.

 

PS. Alle erwähnten Quellenhinweise finden sich im Klosterarchiv Mariastein.

 

 

Abt Lukas Schenker